Besiedlung des Wohngebietes Potsdamer Chaussee, Jägersteig, Alte Trift und Stolper Weg

erinnert von Peter Ernst

lm Rahmen der Erschließung des Berliner Umlandes durch Erweiterung des

S-Bahnnetzes konnte 1913, nicht zuletzt wegen des großen Berliner

Südwestkirchhofs, der S-Bahnhof Stahnsdorf eröffnet werden. Damit wurde die

Umgebung für eine Besiedelung interessant. (Unsere Postanschrift z.B. lautete dem-

entsprechend ,,Berlin-Stahnsdorf West“ Jägersteg 3). ln den zwanziger Jahren wurde

gegenüber dem Berliner Waldfriedhof an der ,,Chaussee nach Potsdam“

Kuhlmeyscher Wald zu Bauland und es entstand ein kleines Wohngebiet mit 39

Parzellen. Dieses wurde begrenzt durch den historischen ,,Stolperweg“ von

Gütergotz nach Stolpe, ein Gewässer, dem ,,Klaren Pfuhl“, einer Ackerfläche und

dem historischen Weg des Weideviehs ,,Alte Trift“, dessen Anbindung an die

Chaussee nun rechtwinklig gestaltet wurde. Der bisherige Verlauf hatte die neuen

Parzellen diagonal durchquert. An der Potsdamer Chaussee entstanden 13, am

Stolperweg 6 und am ,,Jägersteg“ und der ,,Alten Trift“ 20 Grundstücksparzellen. Der

erste Siedler war im Jahre 1932 der Malermeister Walter Fricke aus Steglitz, der im

Jägersteg Nummer 3 eigenhändig sein Wochenendhaus gleich massiv errichtete.

Noch im Beginn der Arbeiten kam mein Vater der Stuckateur Willi Ernst aus

Charlottenburg mit seiner jungen schwangeren Ehefrau vorbei. Sie waren von der

Landschaft so angetan, dass sie beschlossen noch vor der anstehenden Geburt ein

kleines Wohnhaus einzugsfertig zu bekommen. Das löste bei Vaters Stuckateur

Kollegen bei der Ufa lnteresse und eine Kettenreaktion aus. Arthur Schulz Nummer 1

und daraufhin auch Richard Schulz Nummer 13 siedelten nach Besichtigung prompt.

1933 baute der Kammersänger bei der Staatsoper Wilhelm

,,Sturm“ Schüßler sich ein hübsches Holzhaus fürs Wochenende. Schon nach

wenigen Jahren errichtete er sich ein solides stattliches Wohnhaus mit freiem Blick

über ein Getreidefeld in den Wald. In der Ecke nebenan auf No.4 baute sich der

Potsdamer Polizist Seidel eine Laube. Die Parzellen Potsdamer Chaussee 6 und 7

erwarben die Brüder Hans und Linus Rader aus Bayern. Sie bauten ein

gemeinsames großes Wohnhaus auf Parzelle 7. In der ,,Alten Trift“ No.3 baute der

Regierungsbeamte Eugen Finke sein Haus mit Einliegerwohnung für seinen

Großvater, in dessen Militaria Geschäft am Bassinplatz der ,,Hauptmann von

Köpenick“ sein Kostüm komplettierte. 1934 entstand auf No.4 das Giebelhaus von

Herrn Amtsrat Otto Dessow.

Der Abteilwagen

Nebenan auf No. 5 landete eine einmalige Kuriosität: ein alter ,,Abteilwagen“ der

Eisenbahn ohne Fahrgestell, doch mit Bremserhäuschen, als

Wochenendhaus. Zwei Berliner „Alte Fräuleins“ brachten es rätselhafterweise mit

den beschränkten technischen Mitteln der damaligen Zeit fertig, dieses

tonnenschwere Monstrum nach Gütergotz und über den Sandweg bis auf ihr

Grundstück transportieren zu lassen. Wer den komplizierten Abtransport nach der

Wende mit moderner Technik erlebt hat, kann die „Alten Damen“ für ihr damaliges

Husarenstück nur bewundern.

Auf dem Jägersteg 6 und 7 baute sich der Korvettenkapitän a.D. Konopke ein

hübsches massives kleines Wochenendhaus.

Nebenan auf No. 8 baute sich der Postangestellte Friebner aus dem Wedding ein

zweistöckiges Giebelhaus.

Das Grundstuck daneben, Nr. 9 erwarb Herr Grunthal für gärtnerische Nutzung.

An der Potsdamer Chaussee erwarb der ab 1915 in Neubabelsberg tätige Professor

Hans Ohmert (1890 — 1960) für sein Wohnhaus das Eckgrundstück und dazu die

angrenzenden 3 weiteren Parzellen. Auf der äußeren baute er sich ein mit Schilf

gedecktes Atelier dessen Fenster wegen ausgeglichener Beleuchtung alle nach

Norden ausgerichtet waren. Zwischen Wohnhaus und Atelier ließ er eine natürliche

Wasserstelle am ,,Klaren Pfuhl“ zu einem Größeren Teich mit einer Holzbrücke an

der schmalsten Stelle ausschachten. Es entstand ein schöner Naturpark dekoriert mit

einer Schilfhütte. Sein Nachbar am Stolperweg wurde der alte Freund und Kollege

meines Vaters bei der Ufa, der Standfotograf und Kunstmaler Arthur Hämmerer.

Nachbar von Prof. Ohmert an der Potsdamer Chaussee wurde gegenüber des

Friedhofs der Bildhauer Engel mit seiner Werkstatt.

Ein großer Fortschritt war die im Jahre 1936 erfolgte Elektrifizierung. Damit hatten

Handpumpe, Petroleumlampe und Plumpsklo ausgedient.

Die Kriegs- und Nachkriegszeit

Anfang des Krieges baute sich Herr Hahn auf dem Doppelgrundstück No. 10

unter schweren Bedingungen ein Giebelhaus. Kurz nach dem Einzug kamen

die Russen und Herr Hahn ging.

Auf Potsdamer Chaussee 2 fing Herr Moschkau, der den Kiosk Ecke Bahnhofstraße

betrieb, mit seiner Frau einen Hausbau an, von dem er noch im Kriege das

Kellergeschoß fertig bekam. Unter Nachkriegsbedingungen baute er darauf eine

Wohnung und später einen Anbau als Kolonialwarengeschäft. Damit versorgte das

alte und kranke Ehepaar die ganze Umgebung. Nebenan auf No. 4 baute sich Herr

Ohlhoff, der in Babelsberg am Findling eine Fahrradwerkstatt mit Laden hatte, ein

Wochenendhaus. Im Jägersteg 12 baute sich der Potsdamer Buchhalter Alfred Glahn

für Frau und Tochter eine Wochenendlaube. Es war eine Gemeinschaft aus Leuten,

die in einem kleinen hübschen Haus im Wald und im Grünen ihre Lebensqualität

suchten und fanden. Erwähnenswert ist, dass mit wohl nur drei Ausnahmen keiner

Sympathie mit der ,,Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“ hatte. Von

meinem Vater weiß ich z. B.,  dass es als ,,Der Führer“ einst das Babelsberger

Filmgelände Ufa besichtigte einen grotesken Zwischenfall gab.  Als die

Sicherheitsleute die große heutige Caligari Halle räumte, übersahen sie in den

Kulissen den auf einer hohen Leiter arbeitenden Stuckateur Ernst. Als also der

Konvoi um eine Ecke kam, prallte er mit meinem herabgestiegenen Vater zusammen.

Dieser konnte gerade noch ,,Juten Tach“ sagen, bevor er von den Uniformierten zur

Seite gerissen und verhört wurde. Im Kriege, als die Alliierten ihre Bombenangriffe

tag und nachts flogen, wurden in vielen Gärten gedeckte Splitterschutz-Unterstände

gegraben, weil man fürchten musste, unter seinem eigenen Häuschen begraben zu

werden. Einige Wochenendbesucher verließen ihre Berliner Wohnung und wohnten

auf den Wochenendgrundstücken oder fanden Obdach bei Verwandten. Auf die

Grundstucke fielen jedoch keine Bomben, sondern in den umgebenden Wald mit

Glasschäden und vom Luftdruck aufgesprengten Türen.

Das fand ein Ende mit dem Einmarsch der Russen, die dann mit ihren Panjewagen

durch die Zäune in die Garten fuhren. Zuvor hatten einige Siedler eine Flucht gen

Westen diskutiert. Die Argumentation meines Vaters, dass er die Ereignisse nicht in

der Fremde, sondern lieber am Ort in vertrauter Umgebung überstehen könne, war für

die meisten überzeugend. Einige verließen jedoch ihre Grundstücke und den Ort vor

der ,,Einmauerung“ und kamen nie zurück. In verlassene Häuser zogen Vertriebene

und später auch ,,Regierungsdiener“ ein. Der Hunger zwang zu einer

landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Gärten und Haltung von Kleinvieh aller Art

für die Ernährung. Wegen der Sprengung aller Kanalbrücken des uns von der Stadt

trennenden Teltowkanals ,,zur Rettung der Hauptstadt gelangten die Leute auf

abenteuerlichen Wegen zu ihren Arbeitsplatzen nach Berlin. Die geraubten

Fahrräder fehlten sehr, Vater und ich fuhren mit der S-Bahn, die bis zum Wiederaufbau

der Kanalbrücke abschnittsweise wieder in Betrieb genommen werden konnte, über

Wannsee nach Babelsberg zur Arbeit und Schule. ln den Jahren bis zum Mauerbau

verließen noch viele Unzufriedene ihre Heimat für immer. Bis zur Wiedervereinigung

entstanden nur auf Jägersteg 11 ein großes Holzhaus als ,,Fertighaus“ für einen

Pfarrer und 1966 Potsdamer Chaussee 4 ein kleines Wochenendhaus für einen

Potsdamer Steinmetz . Dieses wurde 1975 für eine Forstangestellte umgebaut und

erweitert.

Die Nachwendezeit

Danach gab es einen Qualitätssprung, man sah Geltungsbedürfnis und das

Streben nach Größe. Der grüne Garten mit Waldbäumen gehörte nicht mehr zur

Lebensqualität. Grundstücke wurden halbiert und geviertelt. Die große Grenze war

gefallen, aber die Grenzen zum Nachbarn und zur Straße wurden häufig dicht

gemacht. Nachbarliche Hilfe wurde nicht mehr benötigt, es gab ja alles im Baumarkt,

wozu muss man dann noch mit dem Nachbarn reden? Positive Ausnahmen gibt es

jedoch und fallen angenehm auf. Schmerzlich ist für Stahnsdorf der Verlust seines

S-Bahnhofs. Die SED-Regierung riegelte Berlin durch ihre Mauer ab. Da eine

Vereinnahmung der Stadt nicht absehbar war, sollte auch die Erinnerung verschwinden.

Damit mußte auch das Bahnhofsgebäude weg — es wurde bei Nacht und Nebel

gesprengt. Heute heißt unsere Parole:

,,Stahnsdorf will seinen S-Bahnhof mit Anschluß nach Wannsee zurück“

Gütergotz Februar 2021 peter E R N S T

Menschen in Kienwerder: Peter Ernst

Auf unserer Website wollen wir unseren liebenswerten Ortsteil mit seinem Charme möglichst vielen Mitmenschen näherbringen. In loser Reihenfolge sollen deshalb auch Kienwerderaner zu Wort kommen, sich und ihr Leben hier in diesem Ortsteil vorstellen. Dies soll einem guten nachbarschaftlichen Miteinander dienen!

Wer ist Peter Ernst?

Peter Ernst (88) arbeitete als Entwickler im ehemaligen Institut für Halbleitertechnik, später dann VEB Gleichrichterwerk Stahnsdorf

Bekannt wurde er durch sein jahrzehntelanges Engagement für den Natur- und Umweltschutz in der Region!  Hier nun einige Beispiele für sein Engagement: er war Naturschutzhelfer, Naturschutzbeauftragter des Landkreises Potsdam-Mittelmark, Forstschutzhelfer, Mitglied des Kreisnaturschutzaktivs, Mitbegründer der Arbeitsgruppe „Sozialistische Landeskultur und Naturschutz im VEB Mikroelektronik Stahnsdorf“, stellvertretender Vorsitzender des Kreisnaturschutzbeirates, Mitglied des Landessprecherrats der Grünen Liga, Vertreter im Umweltbeirat des Landes Brandenburg.

Auf Grund seines Engagements konnte er auch etliche Erfolge verbuchen, hierzu zählen die Ausweisung der Parforceheide als Landschaftsschutzgebiet, der Erhalt des Güterfelder Haussees und die zivile Nutzung des ehemaligen Truppenübungsplatzes in Güterfelde

Auch im schon fortgeschrittenen Alter engagiert Peter Ernst sich noch in der lokalen Politik und in der Bewahrung des kulturellen Erbes seiner Heimat. Beispiele hierfür sind die Tätigkeit als sachkundiger Bürger im Ausschuss für Bauen, Umwelt und Verkehr der Stahnsdorfer Gemeindevertretung, seine Mitgliedschaft im Stahnsdorfer Heimatverein, in der Jagdschloss Stern-Parforceheide e.V, der Pücklergesellschaft und der Interessengemeinschaft Teltowkanalaue.

Für seinen vielfältigen Einsatz erhielt er auch offizielle Ehrungen, u.a. ist er Träger des Umweltpreises des Landes Brandenburg 2007 und Ehrennadelträger der Gemeinde Stahnsdorf im Jahre 2014.

Seit wann wohnen Sie in Kienwerder?

Ich wurde beinahe in Gütergotz geboren, aber da das neue Haus im Jägersteig noch nicht ganz trocken war, erfolgte die Geburt in Potsdam – sehr zu meinem späteren Bedauern. Ich wohne schon mein ganzes Leben lang in Kienwerder.

Was war, was ist Ihnen wichtig?

In und mit der Natur leben zu können.

Was vermisst Sie?

Die Nachbarschaft hat sich verändert. Ich vermisse das freundschaftliche Nachbarschaftsverhältnis, den Austausch, die gegenseitige Besuche und Hilfeangebote.

Wie hat sich Kienwerder entwickelt, seit Sie hier wohnen?

Mehr Menschen sind nach Kienwerder gezogen. Die Einstellung der Menschen zu ihren Gärten hat sich geändert. Früher wurden die Vorgärten bepflanzt, damit sie ein angenehmes Bild ergeben –  auch zur Freude der Passanten. Heute verwenden die Menschen zu viele Steine und die Gärten werden uneinsehbar gemacht.

Wie beurteilen Sie die Wohnsituation in Kienwerder für junge und alte Menschen?

Für mich hat sich die Situation verbessert. Ich habe einen Gasanschluss, der mein Leben erleichtert. In der Nähe befindet sich eine Bushaltestelle, es gibt Fahrdienste und Taxis, die ich nutzen kann. Die Einkaufsmöglichkeiten, die ich brauche, sind für mich gut erreichbar.

Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft Kienwerders?

Es sollen mehr Menschen nach Kienwerder ziehen, die gezielt eine grüne und individuelle Wohnsituation suchen. Kienwerder soll weiterhin engen Kontakt zu Güterfelde bewahren. Kienwerder, Güterfelde und Stahnsdorf sollen „grüne Orte“ bleiben.

Menschen in Kienwerder: Familie Schnell

Familie Schell (Foto: privat)

Auf unserer Website wollen wir unseren liebenswerten Ortsteil mit seinem Charme möglichst vielen Mitmenschen näherbringen. In loser Reihenfolge sollen deshalb auch Kienwerderaner zu Wort kommen, sich und ihr Leben hier in diesem Ortsteil vorstellen. Dies soll einem guten nachbarschaftlichen Miteinander dienen!

Familie Schnell stellt sich vor!

 

1) Wer sind Sie?
Familie Schnell: Ulrich (75) und meine Frau Verena (76), seit einigen Jahren Senioren.

Ich (Ulrich), gelernter Mess-und Regelmechaniker, studiert an der Uni Magdeburg – Regelungstechnik und in der Forschung und Entwicklung des ehemaligen Geräte-und Regler Werkes Teltow bis 1990 gearbeitet. Anschließend einige Jahre tätig bei Siemens in Berlin in der Energiebranche.
Das gesamte Berufsleben diente ausschließlich der Automatisierungstechnik, und diese Leidenschaft führte als ehrenamtliche Tätigkeit ab 1992 bis Heute zum Aufbau und Betrieb des Industriemuseums mit Informationszentrum Teltow. Dank der finanziellen Unterstützung unserer 3 Gemeinden und des Kreises betreuen wir ca. jährlich 1500 Schüler aus 20 Schulen der Region.

Als wir die erste Obstblüte in Kienwerder 1976 erlebten, war die Enttäuschung groß – tolle Obstblüte und keine Bestäubung, es flogen keine Bienen. Mit meiner Frau wurde der Entschluss gefasst, sofort mit der Bienenhaltung zu beginnen. Und nun sind wir bereits seit dem 1. Mai 1976 Imker und im Imkerverein Region Teltow organisiert. Hier auch wieder ehrenamtliche Tätigkeit, vor allem in der Nachwuchsbetreuung im Verein und mit Schülern am Heimatstand in Kienwerder.
Nur durch die bedingungslose Unterstützung durch meine Frau konnte ich beruflich und heute ehrenamtlich so intensiv arbeiten. Meine Frau war Sonderschulpädagogin für Schwerhörige, studierte an der Humboldt Universität in Berlin. In ihrem gesamten Berufsleben hat sie mit Leidenschaft behinderte Menschen in allen Altersklassen zum Hören und Sprechen gebracht. Seit 30 Jahren ist sie ehrenamtlich im Sportverein Güterfelde als Übungsleiterin tätig.

2) Seit wann wohnen Sie in Kienwerder?
Wir sind im September 1975 nach Kienwerder gezogen, im Rahmen eines von uns organisiertem Wohnungstausches.

3) Warum haben Sie sich gerade in Kienwerder niedergelassen? Was war, was ist Ihnen wichtig?
Zu den ehemaligen Mietern unseres Einfamilienhauses hatten wir seit 1972 familiäre Beziehungen. Mit dem ersten Kontakt ist der Wunsch entstanden, Kienwerder ist unser Ziel zum Wohnen. Nach einigen Jahren, mit dem Wohnungstausch, konnten wir es realisieren.
Das Wohnen in der Natur – im Grünen, fast als Einsiedler in unsere Umgebung, hat uns fasziniert. Die schwierigen Reparaturen des Hauses, die Gartenarbeit und die Bienenhaltung haben uns ständig gefordert, aber die erarbeitete Lebensqualität hat uns befriedigt.

4) Was vermissen Sie in Kienwerder?
Eine Illusion, ein kleiner „Tante Emmaladen“. Wir werden alle älter, kurze Wege wären nicht schlecht.

5) Wie hat sich Kienwerder entwickelt, seit Sie hier wohnen?
Die Entwicklung von Kienwerder vollzog sich für uns in 2 Etappen. Die erste Etappe bis 1990 – Einsiedler mit intakter Natur. Die zweite Etappe ab 1990 – einschneidende Veränderungen. Wohnbebauung im Wildwuchs, Natur wird ohne Gnade geopfert. Die Lärmbelastung hat gewaltig zugenommen. Alles ganz schön gewöhnungsbedürftig.

6) Wie beurteilen Sie die Wohnsituation in Kienwerder für junge und alte Menschen?
Das Wohnen für junge Menschen ist u.E. immer noch attraktiv. Junge Menschen haben ein anderes Interesse und sind mobil. Ein Haus, fast kein Grün auf der Grundstücksfläche, aber wohnen im weitläufigem Grünen.Ältere Menschen wohnen im Haus mit Garten und vielem Grün. Wenn die Lebenskraft schwindet und die Mobilität fehlt, ist eine guten Nachbarschaftshilfe notwendig.

7) Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft Kienwerders?
Wohnbebauung ist richtig und notwendig, aber der historischen Bebauung angepasst. In Kienwerder überwiegen Häuser mit 1,5 Stockwerkshöhe, kann das nicht zukünftig auch möglich sein?
Bei jedem Hausbau darf keine radikale Baumrodung mehr erfolgen. Wer in der Natur leben möchte, muss auch mit Laub und Insekten leben.
Der teilw. Zustand unser Straßen, zutreffender der Sandwege, ist katastrophal. Abgesehen vom stolpern von Loch zu Loch oder von Pfütze zu Pfütze, ist die entstehende Staubentwicklung sehr unangenehm und belastend.

Menschen in Kienwerder: Familie Enke

Familie Enke (Foto: privat)

Auf unserer Website wollen wir unseren liebenswerten Ortsteil mit seinem Charme möglichst vielen Mitmenschen näherbringen. In loser Reihenfolge sollen deshalb auch Kienwerderaner zu Wort kommen, sich und ihr Leben hier in diesem Ortsteil vorstellen. Dies soll einem guten nachbarschaftlichen Miteinander dienen!

Matthias Enke und seine Familie stellen sich vor!

1) Wer sind Sie?
Familie Enke: Matthias 46 Jahre (Ich), Anke 47, Edgar 11 und Paul 22 (lebt zur Zeit in Berlin)

Ich bin selbstständiger Küchenbauer, meine Frau arbeitet als Erzieherin in der Kita Budelflink, Edgar geht in die Zilleschule und Paul studiert in Potsdam. Wir treiben viel Sport, verreisen sehr gern, unterstützen den regionalen Sportverein RSV und engagieren uns ehrenamtlich in unserer Kirchengemeinde.

2) Seit wann wohnen Sie in Kienwerder?
Als meine Eltern 1972 nach Kienwerder zogen, musste ich als damals 2jähriger natürlich mit. Mit einer kurzen Unterbrechung, Anfang der 90-ziger Jahre, wohne ich hier in unserer Siedlung.

Zuerst bei meinen Eltern in der Waltraudstraße, dann habe ich das Haus, von meinem Opa in der Straße „Am Wiesengrund“ bezogen. Dort wohnt jetzt meine Schwester mit ihrer Tochter. Seit 2001 leben wir nun in unserem Eigenheim im Heidekamp.

3) Warum haben Sie sich gerade in Kienwerder niedergelassen? Was war, was ist Ihnen wichtig?
Bei meinem ersten Umzug nach Kienwerder konnte ich mich ja noch nicht selbst entscheiden, als damals Zweijähriger. Erst als sich mir/uns, als Mitte Zwanzigjährige, die Möglichkeit erschloss wieder hierher zurück zu kommen, haben wir keinen Moment gezögert. Am meisten schätzen wir, das unsere Familie (Vater, Schwester, Nichte, Schwägerinnen) so dicht beieinander wohnen.

Unsere Kinder können sich austoben ohne groß auf viel Verkehr achten zu müssen. Wir lieben die Natur, den dörflichen Charakter, den umliegenden Wald und die Wiesen und Felder. Ich denke da gern an das tolle Sonnenblumenfeld in diesem Jahr zurück.

Schätzenswert ist auch die Abgeschiedenheit und trotzdem eine angenehme Nähe nach Potsdam und Berlin.

Besonders lieben wir auch die regionalen Produkte vom Bauern und Nachbarn z.B. frische Eier, frisches Gemüse von Lehmanns oder auch Wildspezialitäten direkt vom Jäger.

Große Freude haben wir auch an der Organisation und Durchführung des Straßenfestes in der Waltraudstraße. Da planen wir übrigens das nächste im Jahr 2018!!!

4) Was vermissen Sie in Kienwerder?
Wir vermissen eigentlich Nichts!

Wir würden uns folgendes wünschen:
– mehr Lärmschutz
– mehr Freiraum für die Tiere; die Umgehungsstraße behindert den Lebensraum der Wildtiere schon erheblich
– und für die Kinder am liebsten einen Bolzplatz mit Basketballkorb

5) Wie hat sich Kienwerder entwickelt, seit Sie hier wohnen?
Kienwerder hat sich eigentlich erst nach der „Wende“ so richtig rasant angefangen, sich zu entwickeln/verändern. Bei der Suche nach perfektem Lebensraum konnte sich unsere Siedlung doch nicht komplett verstecken. Wer es leisten konnte kaufte sich natürlich hier ein Grundstück.

Es gibt da einen sehr prägenden Satz der mir in Erinnerung geblieben ist: „Mensch, Sie wohnen hier aber toll im Grünen“. Dann kaufen Sie ein Grundstück und fällen erst einmal alle Bäume. Da konnte ich mir ein Kopfschütteln nicht verkneifen. Mittlerweile kann man aber die Entwicklung wieder etwas entspannter betrachten. Auch an die ach so praktischen Stadtvillen gewöhnt man sich irgendwann. Gefallen werden die mir aber nie!

Als störend empfinde ich den erhöhten Fluglärm und besonders den Lärm der (vollkommen falsch konzipierten) Umgehungsstraße. Das nervt schon sehr! Diese Straße hat unsere Siedlung und das Dorf Güterfelde noch sehr zerschnitten. Meines Erachtens wäre die „Große Südumfahrung“ die beste Lösung für alle gewesen.

6) Wie beurteilen Sie die Wohnsituation in Kienwerder für junge und alte Menschen?
Für Kinder ist Kienwerder ideal. Für Jugendliche eventuell etwas zu abgelegen. Für Ältere gibt es kaum bessere Wohngegenden.

7) Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft Kienwerders?
Wir wünschen uns:
– mehr Lärmschutz
– bessere Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr
– Menschen, die auch dann langsam fahren wenn sie es vielleicht eilig haben (Kinder, Tiere, Lärm und Staub)
– keine weitere Umwandlung von Wald, Wiese und Feldern zu Bauland.

Wir danken herzlich für dieses Interview und wünschen den Machern dieser Internetseite alles Gute.

Bis spätestens zum Straßenfest 2018.
Familie Enke

Strafe für einen zu hohen Stromverbrauch

Nicht nur Lebensmittel waren rationiert. Die Zuteilung erfolgte im allgemeinen mit Hilfe von Lebensmittelkarten.  Aber auch andere knappe Ressourcen wurden zugeteilt zum Beispiel wurde der Stromverbrauch pro Wohnung wurde vorgeschrieben! Und wer dagegen verstieß, musste Strafe zahlen! Noch im Januar 1949, die DDR war noch nicht gegründet, wurden Verstöße gegen zu viel Stromverbrauch geahndet.

Wer noch ähnliche Vorkommnisse kennt und Unterlagen besitzt, wie z.B. Lebensmittelkarten, schreiben Sie uns bitte.

Obst- und Gemüsenachweis – Kurioses aus der Nachkriegszeit

Während des zweiten Weltkrieges ist die weitere Besiedlung von Kienwerder ins Stocken geraten.  1945 waren etwa 50% der Grundstücke mit festen Wohnhäusern bebaut. Viele in den 30 er Jahren verkauften Grundstücke wurden von den noch in Berlin Wohnenden  vor allem als Garten und zum Obst- und Gemüseanbau genutzt. Die Not war groß und viele Berliner, samt Flüchtlingen,  trieb es aufs „Land“ um etwas Essbares zu erwerben.  Manchmal legal, manchmal auf dem „Schwarzmarkt“, manchmal  auch durch Diebstahl von den Feldern, auf denen gerade Kartoffeln, Obst und Gemüse reif wurden. 

Um dem Diebstahl einigermaßen in Grenzen zu halten, wurden in den S- Bahnen von der Polizei „Lebensmittelkontrollen“ durchgeführt. Reisende mussten nachweisen, dass sie die Lebensmittel, die sie vom Land mitbrachten rechtmäßig erworben haben. Berliner Gartenbesitzer in Kienwerder erhielten vom Bürgermeister eine Bescheinigung, dass sie hier einen Garten besitzen, und konnten damit nachweisen, dass ihre geernteten Früchte nicht gestohlen waren.

Die Siedlung

Frau Herrmann, damals Am Wiesengrund 23/24 erinnert sich:

Die Siedlung Kienwerder entstand in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre. Zu der Zeit hatten viele Berliner den Wunsch sich im „Grünen“ ein eigenes Domizil zu schaffen. Man suchte also nach einem geeigneten Plätzchen und fuhr von Wannsee aus über Dreilinden mit der sogenanntem „Friedhofsbahn“ nach dem idyllisch gelegenen Stahnsdorf.

Kam man aus dem  einzigartigem Bahnhofsgebäude heraus, fiel ein hellblau gestrichenes Holzhäuschen auf, dessen Fenster- und Türrahmen, sowie die Ecken im lichten Gelb gehalten waren. Hierher lenkten die Ankömmlinge ihre Schritte und erhielten dort Informationen über Parzellen im weiteren Umkreis des S-Bahnhofes, die zum Verkauf  standen. Ein Makler bot für eine neu entstehende Siedlung  Grundstücke an.

Man wanderte längs des Friedhofsgeländes einen Feldweg entlang Richtung Heidestrasse. Von dort bog man nach rechts ab und durchwanderte einen mit Kiefern bestandenen Hochwald. Am Ende des Waldweges fand man erneut ein blau-gelb gestrichenes Häuschen in dem man genaue Auskünfte über Angebote und Lage von Grundstücken erhielt.

Die hier neu entstehende Siedlung sollte ursprünglich Kuckucksruh heißen. Wie es dann zum Namen Kienwerder kam, kann nicht gesagt werden. Die Gemeinde Gütergotz, wie Güterfelde bis 1938  genannt und von Fontane beschrieben wurde ist wahrscheinlich dafür verantwortlich.

Meine Eltern, Franz und Helene Neumann entschieden sich für das Doppelgrundstück „Am Wiesengrund 23/25.

Eine stabile sehr hübsche Laube wurde errichtet und fortan ging es jedes Wochenende hinaus ins „Grüne“. Der Vater zäunte  das Grundstück ein und bohrte einen Brunnen. Das kristallklare Wasser wurde zum Kochen genommen und lud auch zum Trinken ein. Es hatte einen hervorragenden Geschmack. Mit Begeisterung pumpten wir vier Kinder das Wasser in Gießkannen und Eimer, um die bereits gepflanzten Obstbäume und Sträucher zu wässern. Nach dem Krieg verwandelte es sich  eigentümlicherweise  in ein eisenhaltiges sich braunfärbendes Wasser mit unangenehmen Geschmack. Hier half auch ein neugebohrter Brunnen nichts.

Inzwischen war 1933 auch der Hausbau  vorangekommen. Die Mutter hatte eine wunderschöne Richtkrone gebunden. Lustig flatterten lange bunte Bänder über dem Dachstuhl.

Am 9. Juli 1934 war es dann endlich soweit – der Umzug von Charlottenburg in unser neues Zuhause ging vonstatten.

Polizeiliche Anmeldung der Familie Herrmann
(Foto: privat)

Gleich danach wurde das restliche Land urbar gemacht, gesät  und  im Herbst schon geerntet. Allmählich wuchs die Siedlung, ab und an entstand ein neues Haus. Vorrangig wurden allerdings Lauben errichtet, die alle individuell gestaltet waren und meist in Eigenarbeit und Holzbauweise gebaut wurden. Dach und Wände wurden mit Dachpappe geschützt und zusätzlich geteert. Im Herbst haben die „Laubenpieper“ ihre Lauben winterfest gemacht, Pumpen abgebaut, eingewecktes Obst und Gemüse in die Berliner Wohnung  gebracht. Kienwerder  wurde jetzt  ruhiger. Viele Parzellen, vor allem die Eckgrundstücke waren noch nicht verkauft. An provisorischen Strassen und „Trampelpfaden“ wuchsen  Heidekraut und wilde Stiefmütterchen.

1935 war die Zeit der guten alten  Petroleumlampen vorbei. Lichtmasten wurden gesetzt und die Stromversorgung vorangetrieben. Der Streit  innerhalb des Siedlungsvereins, ob zuerst Gas oder Strom verlegt werden sollte, war zugunsten der elektrischen Versorgung gefallen, Gleichzeitig mit der  der Elektroversorgung begann der Straßenbau. Der Straßenbeitrag wurde in die Pflasterkasse gezahlt

Die Waldtraudstrasse wurde zuerst gepflastert, angeblich weil dort schon  die meisten Häuser standen und der SA Hauptmann.am Ende der Straße, im heutigen Haus „Am Heidekamp Nr.8″  wohnte und seine „Aufmärsche“ wollte. Danach ein Teil des „Heidekamp“ und  Teile „ Am Wiesengrund“. Durch den Krieg wurde der weitere Ausbau unterbrochen.

Die Versorgung der Siedlung erfolgte anfangs durch fliegende Händler bzw. durch Bestellsystem. Der Fleischer Paulus aus der Stahnsdorfer Bergstrasse schickte die Mamsell mit dem Fahrrad um Bestellungen entgegen zu nehmen. Mittwochs und Sonnabend`s lieferte der Chef persönlich mit dem Auto. Bäcker Ziegenhagen gegenüber vom Stahnsdorfer Hof – brachte Brot und Backwaren.  Herr Fricke aus Güterfelde lieferte mit pferdebespanntem Planwagen Milch und Molkereiprodukte. Auch mit einem Pferdegespann wurden Salzheringe, Sauerkraut  und saure Gurken angeboten.

Da viele Einwohner selbst Hühner, Kaninchen, Schafe und Ziegen hielten kam auch ein  Händler mit Futter- und Düngemitteln.

Durch die fortschreitende Besiedlung konnten  auch zwei Kolonialwarenläden in Kienwerder öffnen. Ein kleinerer Laden Am Anger Nr. 3, wurde von Fam. Bahlmann, später von Meinikes betrieben, der größere  befand sich  Am Kienwerder  Nr. … und wurde von Fam. Richter betrieben, später übernahmen Fam. Örtel den Laden, den sie bis 1991 betrieben. Diese Läden waren Mittelpunkte der Siedlung, in dem man nicht nur einkaufte ,sondern auch die neuesten Geschehnisse im Ort erfuhr und Informationen austauschte, Frauen schnell mal ein Schwätzchen machten.

Bitte helfen Sie uns vorhandene „Lücken“ zu berichtigen bzw. zu ergänzen.